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Twin Peaks revisited – Die „Blase sicherer und freier Bewegung“

nach Moseley & Butler, weiterentwickelt durch Benjamin S. Boyd

Im Twin-Peaks-Modell haben wir gesehen,
dass sich nach längerer Schmerzerfahrung zwei Linien verschieben:
Ihr Nervensystem warnt früher, und Ihr Körper hält etwas weniger Belastung aus.
Der Abstand zwischen „Alarm“ und „tatsächlicher Gefahr“ wird größer.

Der nächste Schritt besteht darin, diese Erkenntnis nicht nur zu verstehen,
sondern sie am eigenen Körper zu erfahren – genau hier setzt Benjamin S. Boyd mit seinem Konzept der „Bubble of Safe and Free Movement“ (Blase sicherer und freier Bewegung) an.

Zentrale Sensibilisierung Allegorie

Ihre persönliche Bewegungsblase

Stellen Sie sich Ihre Bewegungsmöglichkeiten wie eine durchsichtige Blase um Ihren Körper vor.

  • Innerhalb der Blase bewegen Sie sich frei, fließend und ohne Angst.
    Ihr Körper „weiß“, dass diese Bewegungen sicher sind.

  • Am Rand der Blase spüren Sie erste Signale – ein leichtes Ziehen, Unsicherheit oder den Impuls, vorsichtiger zu werden.
    Das ist die Schutzreaktion Ihres Nervensystems, nicht zwangsläufig ein Hinweis auf Schaden.

  • Außerhalb der Blase reagiert der Körper mit Schmerz oder Verkrampfung –
    meist nicht, weil etwas verletzt ist, sondern weil das Gehirn Gefahr vorhersagt.

Mit der Zeit und durch wiederholte Schmerzepisoden kann diese Blase kleiner werden:
Immer mehr Bewegungen fühlen sich bedrohlich an, obwohl sie objektiv sicher wären.

Das Ziel: Die Blase wieder vergrößern

Aber: Ihre Bewegungsblase ist veränderbar.
Sie lässt sich durch neue, positive Bewegungserfahrungen wieder ausdehnen.

Das geschieht nicht durch „hartes Training“ oder „Durchbeißen“,
sondern durch behutsame, neugierige Bewegung innerhalb und knapp am Rand der Blase –
dort, wo es sich noch sicher, aber leicht herausfordernd anfühlt.

Mit jeder Bewegung, die gut ausgeht, lernt Ihr Nervensystem:

„Das war sicher. Ich muss nicht so früh Alarm schlagen.“

So verschiebt sich der innere Schutz wieder dorthin, wo er hingehört.
Sie relearnen Sicherheit – körperlich, nicht nur gedanklich.

Wie Sie üben können

  • Bewegen Sie sich mit Neugier, nicht mit Angst.
    Spüren Sie: Wie weit fühlt sich sicher an? Wo beginnt der Schutz?

  • Verweilen Sie am Rand.
    Kleine Bewegungen, ruhige Atmung, freundliche Aufmerksamkeit –
    das sendet Ihrem Nervensystem eine klare Botschaft: Hier ist nichts Gefährliches.

  • Sammeln Sie Erfolgserlebnisse.
    Jede sichere Bewegung ist ein neues „Lernbeispiel“ für Ihr Gehirn.

  • Kombinieren Sie Wissen und Erfahrung.
    Das Verständnis aus dem Twin-Peaks-Modell hilft,
    diese Körpererfahrungen einzuordnen und ihnen zu vertrauen.

Wissenschaftlicher Hintergrund

Boyd beschreibt dieses Vorgehen als „bodily relearning“ –
eine Form der Bewegungstherapie, die das überaktive Schutzsystem des Körpers
durch positive Bewegungserfahrung, Aufklärung und Selbstwirksamkeit beruhigt.
In diesem Sinne ist die Bewegungsblase eine praktische Weiterführung des Twin-Peaks-Gedankens:
Das, was Moseley und Butler als Verschiebung der Linien zeigen,
wird bei Boyd fühlbar und veränderbar.

Zum Weiterlesen

  • Moseley L., Butler D. – Explain Pain

  • Boyd B.S. – Bodily Relearning: A Path to Restoring Movement, Confidence, and Ease

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