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Wenn das Nervensystem in „Code Rot“ festhängt – und wie Pain Reprocessing Therapy (PRT) helfen kann

Ihr Schmerz – oder genauer gesagt: Ihr Schutzsystem – ist also in einem Dauer-Alarmzustand geblieben.
Man wünschte sich natürlich, diesen Ausnahmezustand und Schmerz endlich wieder loswerden, oder?
Dann lohnt es sich, zuerst zu verstehen, warum das System überhaupt feststeckt.

CBT cubism

In einem sehr realen Sinn hat Ihr Gehirn den Schmerz gelernt.
Das klingt vielleicht überraschend, aber genau das macht Ihr Gehirn ständig: lernen, speichern, verknüpfen. Jedes Mal, wenn Sie sich an etwas erinnern oder etwas Neues üben, verändern sich Tausende von Verbindungen zwischen Ihren Nervenzellen.

Diese Kontaktstellen nennt man Synapsen – und davon gibt es Billionen. Sie sind nie fertig, sondern verändern sich ein Leben lang – von der Zeit vor der Geburt bis zum letzten Tag.
Wenn bestimmte Verbindungen stärker werden, wird das, was sie repräsentieren – eine Erinnerung, eine Bewegung, eine Angst, ja sogar ein Schmerzsignal – klarer, schneller, automatischer.

Die Fachleute nennen diesen Vorgang Langzeitpotenzierung. Aber wichtiger als der Name ist das Prinzip:


„Use it or lose it“ – was man nicht benutzt, schwächt sich ab.

Wenn man eine Fremdsprache nicht mehr spricht, vergisst man sie.
Wenn man kein Instrument mehr spielt, werden die Finger unbeholfen.Mit den Schmerzkreisläufen ist es ähnlich – nur dass man den Schmerz nicht einfach „nicht benutzen“ kann. Er meldet sich von selbst.

Und genau das ist das Problem.

Warum Schmerz so schwer zu vergessen ist

Haben Sie schon einmal bemerkt, wie gut man sich an Dinge erinnert, die mit starken Gefühlen verbunden sind?
Und wie schnell man etwas vergisst, das einem egal war?
Emotionen sind der Klebstoff des Gedächtnisses – sie sagen dem Gehirn: „Das hier ist wichtig, das darfst du nicht vergessen!

Und nun stellen Sie sich vor, was bei chronischem Schmerz passiert:
Jede Episode ist mit Angst, Frust, Erschöpfung, Sorge oder Ärger verbunden.
Jeder dieser Momente aktiviert das gleiche Netzwerk wieder und wieder – Abrufen, Erleben, Abspeichern – immer begleitet von starken Gefühlen.
So wird die Erinnerung an Schmerz jedes Mal ein Stück tiefer eingebrannt.

Darum kann Schmerz mit der Zeit stärker und hartnäckiger werden – auch wenn das ursprüngliche Gewebe längst verheilt ist.

Warum das Gehirn Schmerz für wichtig hält

Schmerz bedeutet immer: Ihr Nervensystem hält die Situation für wichtig oder bedrohlich.
Warum genau, ist oft gar nicht so eindeutig.
Manchmal kommen noch leichte Signale vom betroffenen Körperteil, manchmal Hinweise auf Entzündung, manchmal hohe Stresshormon-Werte, schlechte Vorerfahrungen oder Erwartungen.
Oft spielt alles ein bisschen zusammen.

In der Therapie geht es daher nicht darum, sich einzureden, der Schmerz sei „eingebildet“.
Sondern darum, dem System zu helfen, seine Bewertung zu aktualisieren – zu lernen, dass diese Signale nicht mehr gefährlich sind.
Es gibt Medikamente, die diesen Prozess unterstützen, aber entscheidend ist auch Ihre aktive Mitarbeit: durch Bewegung, Entspannung, neue Erfahrungen und emotionale Entlastung.

Wie Schmerz-Reprocessing funktioniert

Die sogenannte Pain Reprocessing Therapy (PRT) nutzt dieselbe Lernfähigkeit – nur in die umgekehrte Richtung.
Immer wenn Sie eine Bewegung oder Empfindung erleben, diesmal aber in einem sicheren, ruhigen oder neugierigen Zustand, wird die Erinnerung neu abgespeichert.
Sie überschreiben sozusagen ein Stück des alten „Schmerz-Speichers“ mit einer neuen, beruhigten Version.

Es geht nicht darum, positiv zu denken oder etwas schönzureden.
Es geht darum, die Datenlage zu verändern, auf deren Grundlage Ihr Gehirn Schmerz erzeugt.
Und mit jeder neuen sicheren Erfahrung lernt Ihr System:

Die Gefahr ist vorbei. Ich kann den Alarm ausschalten.“

So kann Schmerz tatsächlich verblassen – nicht, weil man ihn bekämpft,
sondern weil das Nervensystem endlich versteht, dass es wieder sicher ist.

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