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Die veraltete Landkarte des Schmerzes: Warum wir Descartes hinter uns lassen sollten

Stellen Sie sich vor, Sie versuchen, mit einer Landkarte aus dem 17. Jahrhundert durch das heutige Wien zu navigieren. Keine U-Bahn, keine Ringstraße, und der Stephansdom ist noch eine Baustelle. Klingt absurd, oder? Und doch machen wir genau das, wenn wir Schmerzen nach dem Modell von René Descartes verstehen wollen.

René Descartes

René wer?

Lassen Sie uns einen Sprung ins 17. Jahrhundert machen. Damals schlenderte René Descartes, ein ausgezeichneter  Philosoph und Mathematiker, durch die Straßen Frankreichs und dachte über alles Mögliche nach – auch über Schmerz. Er stellte sich Schmerz als ein einfaches Seilzugsystem vor. Treten Sie auf einen Nagel, zieht ein Faden von Ihrem Fuß direkt zu Ihrem Gehirn, und peng – Sie spüren Schmerz. Je größer der Schaden, desto stärker der Schmerz. Einfach, logisch, mechanisch – perfekt für eine Zeit, in der man glaubte, dass Blutenlassen die Antwort auf fast alles ist.

das Descartes'sche Modell des Schmerzes

Warum ist das wichtig für Sie?

Nun denken Sie vielleicht: "Schön und gut, aber was hat das mit meinen Rückenschmerzen zu tun?" Eine ganze Menge! Wenn Sie mit chronischen Schmerzen leben, haben Sie wahrscheinlich schon einiges gehört:

  • "Ihre Untersuchungen sind unauffällig, da kann nichts Ernstes sein."

  • "Vielleicht bilden Sie sich das nur ein."

  • "In Ihrem Alter sind Schmerzen normal."

 

Diese Aussagen sind nicht nur frustrierend, sie basieren auch auf einem veralteten Verständnis von Schmerz. Nach Descartes' Modell müsste Ihr Schmerz proportional zu einer sichtbaren Verletzung sein. Keine Verletzung, kein Schmerz. Aber chronischer Schmerz spielt nach seinen eigenen Regeln.

Ein modernes Verständnis von Schmerz

Heutzutage wissen wir, dass Schmerz ein vielschichtiges Phänomen ist. Es ist ein Produkt unseres Nervensystems, das auf verschiedene Einflüsse reagiert:

  • Biologische Faktoren: Nervensignale, Entzündungsprozesse, Hormonhaushalt.

  • Psychologische Faktoren: Emotionen, Stress, Gedankenmuster.

  • Soziale Faktoren: Umfeld, Beziehungen, kulturelle Einflüsse.

 

Chronischer Schmerz ist nicht nur ein Zeichen für körperlichen Schaden. Oft ist das Nervensystem überempfindlich geworden und sendet Schmerzsignale, obwohl keine akute Verletzung vorliegt.

Es ist an der Zeit, das veraltete Schmerzmodell abzulegen—wie einen alten Stadtplan, der längst überholt ist, und stattdessen ein aktuelles Navigationssystem nutzen—eines, das uns sicher und effizient ans Ziel bringt.

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