Wie das Gehirn Schmerz verarbeitet – und wie wir es umlernen können
Nach dem Boyd-Modell („Bubble of safe and free movement“) geht es um eine einfache Frage: Wie entscheidet das Gehirn, ob ich mich sicher fühle – und ob Schmerz nötig ist?
Wenn Sie verstehen, wo im Gehirn diese Entscheidung fällt, sehen Sie auch, wo wir mit Therapie ansetzen: nicht nur im Denken, sondern dort, wo Sicherheit erlebt wird. Genau hier baut die Pain Reprocessing Therapy (PRT) die Brücke.

1. Das Tor zur Wahrnehmung (Thalamus)
Alle Informationen aus Ihrem Körper und aus der Welt treffen sich im Thalamus – einer Art „Verteilstation“ im Zentrum des Gehirns. Dort wird alles gemischt: Signale aus Muskeln und Gelenken, Geräusche, Licht, aber auch Erinnerungen an ähnliche Situationen. Das Ergebnis ist eine erste Arbeitsversion dessen, was gerade passiert.
2. Drei Teams übernehmen
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Das Denker-Team im dorsolateralen Präfrontalkortex – es analysiert, vergleicht, bewertet.
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Das Fühl-Team im limbischen System – es prüft, ob etwas gut, neutral oder gefährlich ist.
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Und das Körper-Team in der Insula – es sorgt dafür, dass Sie Ihren Körper überhaupt spüren.
Gemeinsam formen sie ein Bild der Situation: Was bedeutet das gerade für mich? Bin ich sicher – oder nicht?
3. Zwei Arten von Erinnerung
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Der Hippocampus merkt sich Fakten und Zusammenhänge – das „Was, wann, wo“.
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Die Amygdala speichert Gefühle und Gefahren – das „Wie es sich anfühlte“.
Beide werden jedes Mal befragt, wenn eine neue Situation an alte erinnert.
4. Wenn das System „Gefahr“ markiert
Wird ein Reiz als gefährlich eingestuft, wird der Körper auf Alarm geschaltet: Muskeln spannen sich, Atmung und Puls steigen, Aufmerksamkeit richtet sich nach innen. Das Gehirn produziert Schmerz – als Schutzsignal. Auch wenn die ursprüngliche Verletzung längst verheilt ist, kann dieser Alarm aktiv bleiben, weil die Gefahr-Erinnerung in der Amygdala stärker ist als die Logik des Denker-Teams.
5. Warum Denken allein nicht reicht
Unser rationaler Verstand (das Denker-Team) kann die Alarmanlage nicht einfach abschalten. Dafür braucht es einen anderen Bereich – den medialen Präfrontalkortex. Er verbindet Bewusstsein und Gefühl, Denken und Körperempfinden. Immer wenn Sie ruhig in sich hineinspüren, etwas bewusst als sicher erleben, wird dieser Bereich aktiv. Er sendet dann neue, beruhigende Signale an die Amygdala – und das System kann umlernen.
Kurz gesagt
Ihr Gehirn entscheidet nicht nur, was Sie spüren, sondern wie sicher es sich anfühlt.
PRT setzt genau hier an: Sie verändert die Bedeutung („Schutz, nicht Schaden“) und trainiert die Erfahrung von Sicherheit im Körper. Dadurch wird die mPFC-„Sicherheitsleitung“ stärker, die Alarmprägungen in der Amygdala werden leiser – und Ihre „Bubble of safe and free movement“ wird wieder größer.
