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AutorenbildOA Dr. Miroslav Chabica, EDAIC

Das schmerzhafte Erbe: Wie Missverständnis von Säuglingsschmerzen moderne Medizin widerspiegelt



Stellen Sie sich eine Welt vor, in der Neugeborene ohne Anästhesie operiert werden und ihr Weinen als bloßer Reflex abgetan wird. Es klingt wie ein dystopischer Alptraum, war jedoch bis zum späten 20. Jahrhundert die medizinische Norm. Ein Artikel, der im Journal of Pain, einer medizinischen Fachzeitschrift mit einem der höchsten Impact-Faktoren, veröffentlicht wurde, trägt den Titel "The Infancy of Infant Pain Research: The Experimental Origins of Infant Pain Denial" von Elissa N. Rodkey und Rebecca Pillai Riddell. Dieser Artikel wirft ein Licht auf dieses dunkle Kapitel der Medizingeschichte und dient als eindringliche Erinnerung daran, wie unzureichend unser Verständnis von Schmerzen bis vor kurzem war.


Die historische Absurdität


Der Artikel geht auf die experimentellen Ursprünge der Leugnung von Säuglingsschmerzen zurück und verfolgt sie bis ins 19. und frühe 20. Jahrhundert. Forscher verwendeten grobe Methoden wie Nadelstiche und elektrische Schocks, um die Schmerzwahrnehmung von Säuglingen zu testen. Diese Experimente kamen zu dem Schluss, dass Säuglinge aufgrund ihrer mangelnden Hirnreife eine unterentwickelte Schmerzwahrnehmung hatten. Selbst wenn Säuglinge deutliche Anzeichen von Unbehagen zeigten, wurden diese als bloße Reflexe und nicht als Indikatoren für Schmerzen abgetan.


Die vier Säulen der Leugnung


Der Artikel identifiziert vier miteinander verknüpfte Faktoren, die zu dieser kollektiven Leugnung beitrugen:

  1. Darwinistische Sicht: Säuglinge wurden als niedere Wesen angesehen, fast tierisch in ihrer Natur, und daher unfähig, komplexe Empfindungen wie Schmerzen zu erleben.

  2. Extreme experimentelle Vorsicht: Forscher waren so übermäßig vorsichtig, dass sie klare Anzeichen von Schmerzen als unklare Daten abtaten.

  3. Mechanistischer Behaviorismus: Die vorherrschende psychologische Theorie reduzierte jedes Verhalten, einschließlich Schmerzen, auf bloße Reiz-Reaktions-Mechanismen und ignorierte die emotionalen und kognitiven Aspekte.

  4. Hirnzentrierte Sicht: Der Glaube, dass ein unterentwickeltes Gehirn eine Unfähigkeit zum Fühlen von Schmerzen bedeutete, führte zu einem verzerrten Verständnis, das langanhaltende Auswirkungen auf die medizinische Praxis hatte.


Der bedenkliche Zustand der Schmerzmedizin


Die Absurdität dieser historischen Überzeugungen hebt den alarmierenden Zustand der Schmerzmedizin hervor, nicht nur in der Kinderheilkunde, sondern in allen Altersgruppen. Es ist ein grelles Beispiel dafür, wie unser Verständnis von etwas so Grundlegendem wie Schmerzen auf fehlerhafter, veralteter Wissenschaft beruhte.


Der Paradigmenwechsel und die schleppende Realität


In den letzten 15 bis 20 Jahren haben wir bahnbrechende Fortschritte in der Schmerzforschung erlebt. Wir verstehen jetzt, dass Schmerzen ein komplexes Zusammenspiel von sensorischen, emotionalen und kognitiven Prozessen sind. Dennoch hat dieses Wissen nur langsam Einzug in die medizinische Gemeinschaft gehalten. Es gibt immer noch Praktiker, die an überholten Überzeugungen festhalten, nicht nur in Bezug auf Säuglingsschmerzen, sondern auf Schmerzen im Allgemeinen. Dies ist nicht nur eine Wissenslücke; es ist ein Versäumnis, das reale Konsequenzen hat und die Patientenversorgung und Lebensqualität beeinflusst.


Schlussfolgerung


Die Geschichte der Erforschung von Säuglingsschmerzen dient als mahnendes Beispiel für das gesamte Gebiet der Medizin. Es ist ein Weckruf, der uns auffordert, unsere Vorurteile abzulegen und das differenzierte Verständnis zu akzeptieren, das die moderne Wissenschaft bietet. Während wir Fortschritte in der Schmerzforschung machen, ist es entscheidend, dass diese Erkenntnisse jeden medizinischen Praktiker erreichen, zum Wohl der Patienten jeden Alters.


Für diejenigen, die sich näher mit den wissenschaftlichen Details befassen möchten, können Sie das Originalpapier hier lesen.



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